Zum ersten Mal bekommen Bauarbeiter im Februar eine Lohnabrechnung, auf der die Kilometer eine Rolle spielen, die sie im Januar auf ihrem Weg zu den Baustellen zurückgelegt haben. Immerhin sind es enorme Strecken, die die Bauarbeiter auf ihrem Weg zu den Baustellen zurücklegen, so die IG BAU Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim.
Die Bau-Gewerkschaft weiß, wovon sie spricht: Sie hat die Fahrstrecken beim Pestel-Institut (Hannover) untersuchen lassen. Demnach sind rund 8.630 Bauarbeiter – und damit neun von zehn Beschäftigten der Baubranche – im Landkreis Emsland an 200 Arbeitstagen unterwegs, um zu den Gebäuden, Straßen und Brücken zu kommen, die sie bauen und sanieren sollen.
Für die einfache Fahrt legen sie dabei im Schnitt 54 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut kommen dabei auf eine Gesamtsumme aller Bauarbeiter von rund 186,6 Millionen „Baustellen-Kilometer“ im Jahr – das ist eine Entfernung von 1,25 AU, ein Viertel mehr als der von Abstand Erde zur Sonne. Auf den einzelnen Arbeiter umgerechnet ergibt sich eine Distanz von 21.600 km. Immerhin: mehr als ein halbes Mal um die Erde.
„Das Ergebnis macht deutlich, dass die, die auf dem Bau arbeiten, viel Extra-Zeit am Steuer vom Pkw oder im Baubulli verlieren. Dabei ist die Wegezeit nichts anderes als für den Bau-Job investierte Lebenszeit“, sagt Carsten Burckhardt. Er ist im IG BAU-Bundesvorstand für die Bauwirtschaft zuständig und spricht von „enorm Kilometer-aktiven Bau-Jobs“.
Die Fahrten zu den Baustellen seien „echte Zeitfresser“. Trotzdem sei es ein „hartes Stück Arbeit“ gewesen, die Entschädigung der Wegezeit am Tariftisch durchzusetzen. Die Arbeitgeber hätten sich jahrelang dagegen gesträubt.
Für die Strecken zwischen dem Betrieb und der Baustelle bekommen Bauarbeiter, die Tag für Tag von zu Hause aus anfahren, jetzt – je nach Kilometern – zwischen 6 und 8 Euro pro Tag. Wer nicht mit dem Baubulli fährt, sondern das eigene Auto nimmt, bekommt weiterhin zusätzlich Kilometergeld. Auch für Fahrten mit Bussen und Bahnen gibt es eine Erstattung“, erläutert Carsten Burckhardt. Wer auf Montage sei und nicht jeden Tag nach Hause fahren könne, bekomme – abhängig von der Strecke – zwischen 18 und 78 Euro pro Woche.